Es gibt Momente im Leben, da spüren wir eine Leere, eine Traurigkeit oder eine alte Wunde, die wir kaum benennen können. Oft stammen diese Gefühle aus längst vergangenen Zeiten, aus Erfahrungen, die wir als Kinder gemacht und die wir nie ganz verarbeitet haben. Eine kraftvolle Methode, um diesen Gefühlen zu begegnen, ist das Schreiben eines Briefes an dein inneres Kind. An die jüngere Version von dir selbst.
Dabei geht es nicht darum, alte Geschichten aufzuwärmen oder Schuldige zu finden. Es geht um Mitgefühl, um das bewusste Wahrnehmen deiner kindlichen Bedürfnisse, Ängste, Träume und Verletzungen. Und darum wie du dir selbst heute geben kannst, was dir damals vielleicht gefehlt hat: Trost, Verständnis und Anerkennung.
Warum ein Brief?
Ein Brief ist ein Raum. Ein geschützter, ehrlicher Raum zwischen dir heute und dem Menschen, der du einmal warst. Wenn du schreibst, nimmst du aktiv Kontakt mit dir selbst auf, jenseits von Selbstkritik oder Vergleichen. Du wirst Zuhörer und Tröster zugleich. Und du gibst deinem jüngeren Ich eine Stimme, die vielleicht damals nicht gehört wurde.
Diese Übung wirkt oft still und leise, aber sie kann tiefgreifend heilen. Denn indem du deine eigene Geschichte anerkennst, beginnst du, dich selbst mehr zu verstehen, nicht nur mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen.
Wie du beginnst
Stell dir dein inneres Kind vor. Vielleicht bist du fünf Jahre alt, vielleicht acht oder zwölf. Wo bist du gerade? Was trägst du? Wie fühlst du dich? Versuche, ein klares Bild von dir selbst zu gewinnen und dann fang an zu schreiben. Sprich mit diesem Kind in liebevollen, beruhigenden Worten. Erinnere dich an schwierige Situationen und schreibe, was du dir damals gewünscht hättest zu hören. Sag deinem jüngeren Ich, dass es nicht allein war. Dass es okay ist, traurig, wütend oder verunsichert zu sein. Und dass du heute für es da bist.
Du kannst dich bedanken – für die Stärke, die du damals schon hattest. Du kannst um Verzeihung bitten, wenn du dich selbst zu lange ignoriert oder zu hart verurteilt hast. Und du kannst versprechen, besser auf dich achtzugeben.
Eine Geste, die bleibt
Oft ist der Brief an das innere Kind nur für dich bestimmt. Du musst ihn niemandem zeigen oder abschicken. Vielleicht legst du ihn in eine kleine Box, liest ihn später wieder oder verbrennst ihn rituell, um loszulassen. Ganz gleich, wie du mit dem Brief umgehst, das Schreiben selbst ist der eigentliche Akt der Heilung.
In einer Welt, die oft fordert, dass wir funktionieren und weitermachen, ist ein solcher Brief ein stiller Akt des Widerstands: Du erlaubst dir, menschlich zu sein. Und du ehrst die Version von dir, die den Grundstein für alles gelegt hat, was du heute bist.
Also: Greif zum Stift. Hör in dich hinein. Und schreib. Dein inneres Kind wartet schon.