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Zuletzt hier: 21.06.2015Mitglied seit: 29.09.2010Geburtstag: 15.9.1995 (28)

Blog-Einträge von Iris
10.04.2015 - 18:26 h Blindes Vertrauen
Ich streifte mir den Stoff über die Schultern und blickte auf die blauen Flecken, die diese zierten und mich im Spiegel boshaft angrinsten. Er hatte mir wieder Schmerzen zugefügt, um sich zu behaupten und mir zu zeigen, dass er alles mit mir machen kann. Es war zu gefährlich ihn, den Heeresoffizier und Generaloberst Heinz Wilhelm Guderian zu kritisieren. Ich wusste was passieren würde, er hatte zu viel Macht und konnte mein Leben zerstören. Ich schaute durch den Spiegel zum Bett, wo er inzwischen den Kissen lag und schlief. Nie hatte ich gedacht, dass die Anstellung zur Sekretärin des Heeresoffiziers, solche Folgen für mich haben könnte. Ich konnte den Blick nicht von meinem geschändeten Körper wenden, während ich mir meine Bluse zuknöpfte und somit alles für die Außenwelt ungesehen machte. „Bereiten Sie alles für unseren Besuch vor, Mrs. Kuhn.“ Ich zuckte zusammen, als die Stimme wie aus dem Nichts ertönte, diese grauenvolle tiefe und kalte Stimme, welche nur Befehle kennt. Ich hatte gehofft ohne ein Wort zu verlieren gehen zu können. Aber nun war er wach und erwartet eine Antwort von mir. „Jawohl. Welchen Besuch erwarten Sie denn, Herr Oberoffizier Guderian?“ Im Spiegel sah ich wie er sich aufsetzte und das Hemd über seine breiten Schultern zog. „Eine Staatssicherheitsuntersuchung. Höherer Besuch, also geben Sie sich Mühe, dass alles gut verläuft.“ Mein Blick erstarrte im Spiegel, mein Gesicht verlor all seine Farben und mein Körper fühlte sich an, als würde er sich nie wieder aus der Starre lösen. Sie würden es herausfinden. Alles würde sich ändern. Meine Religion, meine Wurzeln würden mein Untergang sein. Ich musste mich jederzeit verstecken, unsichtbar bleiben, aber sie würden mich finden. Ich weiß es. Ich musste hier weg. Ich verzog das Gesicht, eine Hand an meinen Bauch gepresst und sank zu Boden. Ich spürte wie er hinter mir stand und auf mich runterblickte. „Sie sehen schrecklich aus. Gehen Sie nach Hause, bevor Sie noch alle anderen anstecken. Kommen Sie aber morgen wieder, ansonsten können Sie gleich weg bleiben.“ Ich richtete mich auf und nickte. Ich werde nie wieder einen Fuß in diese Räume setzen können. Ich musste hier weg. Voller eile packte ich meine Sachen zusammen, ging durch die Tür und den darauffolgenden Räumen, raus auf die belebte Straße. Meine kleine Wohnung war ganz in der Nähe und es dauerte nicht lange bis ich dort war und mein spärliches Eigentum zusammen gepackt hatte. Ich musste das Land verlassen, aber womit? Ich hatte nicht viel an Ersparnissen. Meine Gedanken überschlugen sich. Immer wieder drängte sich der Gedanke, dass sie mich finden werden in den Vordergrund. Ich konnte nicht klar denken und hielt mir verzweifelt den Kopf. Beruhig dich. Ein Bild gelang in meinen Kopf und ich wusste wo ich hin musste. Eine alte Frau, eine Witwe hatte mich aufgenommen, als meine Eltern starben. Sie war damals zwar streng zu mir, aber sie hatte mich jederzeit unterstützt und nie ein Wort über meine Herkunft verloren. Ich kann es versuchen. Ich kann es schaffen zu entkommen. Es war eine Stunde mit dem Zug und der nächste kam in zwanzig Minuten. Ich kann es schaffen. Freude stieg in mir auf. Sie werden mich nicht finden. Ich eilte auf die Straße und lief in Richtung Bahnhof. Mir war es egal wie mich die Leute ansahen, als ich an ihnen vorbei lief. Ich musste hier weg und konnte mir keine Zeitverzögerung leisten. Nach zehn Minuten war ich endlich da und zog mit zitternder Hand eine Bahnkarte. Ich sah mich immer wieder um, als ich zum Bahnsteig ging. Ob sie mich schon suchen? Meine Gedanken überschlugen sich wieder. Ich hatte keine Zeit und schaute immer wieder auf die Uhr. Die Sekunden fühlten sich an wie Stunden, doch nach fünf Minuten lief der Zug im Bahnhof ein. Ich schnellte hoch und stieg in das nahe liegende Zugabteil ein. Als ich mich auf einen Sitz niedergelassen hatte, merkte ich erst wie kraftlos ich war. Meine Augen fielen zu und ich schlief ein. Die Stunde verflog und es dauerte nicht lange, da wurde ich von der Ansage des Lokführers geweckt. Ich musste hier raus und zu ihr. Meine Gedanken wurden wieder zu einem wilden Strom aus Gefühlen. Ich zwängte mich durch die Menge und fand mich direkt vor der Tür wieder. Ich scherte mich nicht um die Ausrufe der anderen Fahrgäste, die sich über mein Verhalten beschwerten. Die Tür öffnete sich und ich drängte mich durch den Spalt der Tür. Das Haus war außerhalb der Stadt, deshalb nahm ich ein Taxi und war in wenigen Minuten dort. Ich nahm meine Sachen und stürmte zur Tür. Ich klingelte und klingelte, bis mir ein Junger Mann schließlich die Tür öffnete. „Bleiben Sie ruhig. Kann man Ihnen irgendwie helfen?“ Ich achtete nicht auf ihn und ging ins Haus. „Frau Seidel! Frau Seidel!“ Ich schrie mir die Kehle wund, bis eine alte gebrechliche Frau aus einer Tür in den Flur humpelte. „Was soll dieses Geschrei? Ruben wer ist diese Frau und warum hast du sie rein gelassen?“ Ich ging auf sie zu, nahm ihre Hände und schaute ihr in ihre klaren Augen. „Frau Seidel, ich bin es. Zerel Kuhn. Das Mädchen, was sie damals aufgenommen haben. Ich brauch ihre Hilfe. Sie werden mich sonst finden und mich töten. Ihr hattet Recht meine Herkunft wird meinen Tod bedeuten“ Ihre Hände lösten sich von meinen und fuhren über die Konturen meines Gesichtes. „Ah, ich erinnere mich an dich.“ Sie lächelte kurz, wurde aber nach wenigen Sekunden ernst und umfasste mein Gesicht. „Hör mir zu. Du wirst dich nun oben ausruhen, denn du siehst müde aus und ich werde alles vorbereiten dich hier wegzuschaffen. Keine Angst, es wird sich alles zum Rechten wenden.“ Sie drehte sich zu Ruben und sagte im strengen Ton „Zeig ihr das Gästezimmer und gib ihr frische Sachen. Danach bring mir das Telefon, ich muss einen Anruf tätigen.“ Ruben nickte, nahm meine Tasche und ging eine Treppe hoch. Ich folgte ihm in ein Zimmer. Er stellte meine Tasche neben dem Bett ab und zeigte auf einen Schrank. „Dort sind einige Sachen, falls Sie sich frisch machen wollen.“ Mit diesen Worten ging er aus der Tür und schloss sie hinter sich. Jetzt wird alles gut und ich werde es schaffen. Ich legte mich auf das Bett und spürte eine Erleichterung durch meinen Körper zucken. Ich schaffe es. Mit diesen Gedanken schloss ich die Augen und schlief ein. Ich weiß nicht wie viel Zeit verstrichen war, aber auf einmal hörte ich Schritte, die schnell zu meiner Tür unterwegs waren. Das muss wohl Ruben sein, der mich zu meiner Rettung abholen will. Es klopfte. Ich setze mich auf und richtete kurz meine Haare. „Ja bitte? Ist alles vorbereitet?“ Die Tür ging auf und zwei Männer mit brauner Uniform kamen ins Zimmer. Mein Blick erstarrte und nur ein Gedanke war in meinem Kopf. Sie hatte mich verraten. Ich sprang vom Bett auf und zog mich in eine Ecke des Zimmers zurück. Die zwei Männer fingen an zu lachen. Es war ein grausames lachen, als wenn man es genießen würde einen Menschen zu quälen. Es passte zu ihnen. „Oh das arme Tier ist in die Ecke gedrängt. Was sollen wir nun tun, Oberst Sanitzer?“ Er schaute zu dem anderen Mann und lächelte. Der Mann schaute kurz zu ihm und dann zu mir. Er verzog verächtlich das Gesicht. „Natürlich das was man mit einem verseuchten Tier macht. Es erschießen. Etwas anderes hat es nicht mehr verdient.“ Er griff unter seine Jacke und zog eine Pistole hervor, welche er auf mich richtete. Meine Gedanken leerten sich. Das ist mein Ende. Kein Entkommen. Keine Gnade. Sie haben mich gefunden.
Ein Schuss. Ein Schmerz.
Ich schlug hart auf dem Boden auf und konnte nichts mehr tun.
Ich war verloren.


Eine Kurzgeschichte von mir für euch :)
Es ist eine Erinnerung an die Judenverfolgung des zweiten Weltkrieges.
Hoffentlich gefällt es euch ^^


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